Nach 25 Jahren im Amt gab Friedrich Verholen 1970 sein Amt als Bürgermeister auf. Nachfolger wurde Arnold Schölzel und auch er sollte eine 25jährige Erfolgsgeschichte schreiben.
Dem neuen Bürgermeister stellten sich von Anfang an grundlegend neue Aufgaben: Die für 1974 vom Land geplante Gebietsreform mit der Eingliederung der fünf Gemeinden Osterhagen-Ihlpohl, Platjenwerbe, Lesumstotel, Werschenrege und Stendorf nach Ritterhude musste vorbereitet und vollzogen werden. Er warb für ein Entwicklungsgutachten, das die Grundlagen und Möglichkeiten dafür darstellen sollte und zugleich die Mitwirkung aller Einwohnerinnen und Einwohner ermöglichte. Auf dieser Planungsgrundlage konnten Zukunftsperspektiven aufgezeigt, öffentlich diskutiert und Fehlinvestitionen vermieden werden. Für seine Amtszeit legte er damit zugleich politische Verfahrensgrundsätze fest, die klare Ziele transparent darstellten, Mitwirkung aller ermöglichten und bedarfsgerechte Investitionen und aufeinander abgestimmte Maßnahmen erlaubten. Darüber hinaus galt es zukünftig, die Interessen aller Ortsteile sachgerecht abzuwägen und ihre Einwohner einander näher zu bringen.

Auch im SPD-Ortsverein gab es mit dem neuen Vorsitzenden Jörg Fitzer einen Generationswechsel. Ihm fiel die Aufgabe zu, mit den Sprechern der Parteimitglieder in den Ortsteilen einen gemeinsamen Ortsverein für das erweiterte Ritterhude auf die Beine zu stellen. Es gelang schon 1973 und darüber hinaus die Vergrößerung der Mitgliederzahl auf 270.

Die Ritterhuder Bürgerinnen und Bürger gaben Unterstützung: Bereits 1972 wählten sie in Ritterhude, Platjenwerbe, Ihlpohl und Werschenrege sozialdemokratische Mehrheiten in die einzelnen Gemeinderäte. Arnold Schölzel, Dieter Hoese, Klaus Myschker und Wilhelm Schröder wurden in ihren Orten Bürgermeister aus den sozialdemokratischen Ortsvereinen. Und bei den Wahlen 1974 und 1976 schafften wir Sozialdemokraten mit einem verjüngten Kandidatenteam die absolute Mehrheit im neuen Gemeinderat für das jetzt größere Ritterhude. Bürgermeister blieb natürlich Arnold Schölzel.
Zunächst ging es im Rat um die gemeinsame Grundlagenplanung und um die Fortführung begonnener Vorhaben aller Ortsteile sowie um den Bau eines gemeinsamen Schulzentrums für das neue Ritterhude. Danach zielte unsere Arbeit auf mehr Lebensqualität, mehr Chancengleichheit und mehr Mitwirkung der Einwohner an den politischen Entscheidungen, aber auch um Information, um Offenheit und Respekt. Die SPD führte öffentliche Frühschoppen und andere Formen und Gespräche zur Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger ein. Sie löste damit vorbildlich ihren Auftrag, zur politischen Willensbildung beizutragen – damals keine Selbstverständlichkeit im gesellschaftlichen Geschehen. Zunehmend wurden jetzt auch Fragen des Umweltschutzes wichtig. 1981 rückten drei Vertreter der Grünen in den Rat und wählten mit den 13 SPD-Vertretern Arnold Schölzel erneut zum Bürgermeister, wandten sich aber danach inhaltlich mehr und mehr den konservativen Kräften im Rat zu.
1988 stellte die SPD-Fraktion unter dem Vorsitz von Ingo Kurth erfolgreich einen Antrag auf Errichtung eines Gedenksteines aus Anlass des 50.Jahrestages der „Reichsprogromnacht gegen die jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger“. Daraus entwickelte sich im Laufe der Jahre eine beispielhafte Zusammenarbeit der Gemeinde, der evangelischen Kirchengemeinde, diverser Kulturträger, der Vereine und Schulen im Ort für eine Erinnerungskultur an die dunkelste Zeit der deutschen Geschichte – den Nationalsozialismus. Bis heute erinnern uns jährliche Veranstaltungen, Dokumente, Zeitzeugen, schulische Projekte und Inszenierungen an diese Zeit, die auch für uns Sozialdemokraten nur die Aufgabe kennt – „erinnern, mahnen, lernen.“ Das Ziel heißt: Nie wieder Nazis ! Nie wieder Krieg ! Wir empfehlen jedem die Lektüre der Dokumentation der evangelischen Kirchengemeinden Ritterhude und der Gemeinde Ritterhude aus dem Jahr 1988 – ein beeindruckendes Dokument der Zeitgeschichte!
Die gute und verlässliche Arbeit der sozialdemokratischen Fraktion und des Bürgermeisters war dann 1986 die Grundlage für eine neue sozialdemokratische Mehrheit im Gemeinderat. Fortan bestimmten Themen wie ein verbesserter Umweltschutz, die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen und Wohnungen, der wirksame Schutz von Fußgängern und Radfahrern, ein modern konzipiertes Nahverkehrssystem, verbesserte Freizeit- und Kulturangebote und die Schaffung eines Geschäftszentrums in der Ortsmitte die Politik. Die Durchführung der Eurobau 1990 in Ritterhude setzte ein sichtbares Signal zur Ansiedlung junger Familien und für Lebendigkeit im Ort.
Innerparteiliche Auseinandersetzungen über den Kurs der Ritterhuder SPD waren nicht förderlich für das Wählervertrauen. Dennoch wurde auch bei den Wahlen 1991 die SPD mit 15 Sitzen wieder stärkste Partei im Ort und Arnold Schölzel wurde mit Stimmen auch der anderen Parteien wieder Bürgermeister. Er und viele Sozialdemokraten hatten mit anderen Vereinen und Verbänden schon in den 1980er Jahren für freundschaftliche Beziehungen zu europäischen Gemeinden geworben. Und es gelang – unter Wahrung alter Beziehungen zu Scheemda und Sagay – Partnerschaften zu Val de Reuil in Frankreich, Sztum in Polen und nach der Wiedervereinigung Deutschlands zu Bad Belzig neu zu begründen und in eine kommunalpolitische Zusammenarbeit auf europäischer Ebene zu führen.
Am 8.Mai 1995 stellte Bürgermeister Schölzel sein Amt dann nach 25 Jahren zur Verfügung. Er wurde in Würdigung seiner großen Verdienste für die Menschen vor Ort zum Ehrenbürger ernannt. Der Gemeinderat wählte aus den Reihen der Sozialdemokraten Ingo Kurth zu seinem Nachfolger.